Meine Liebe zur Musik
von Wiebke Anabess Kuhn (Journalistin, u.a. für Spex und Szene Hamburg, außerdem Co-Autorin von „Läden, Schuppen, Kaschemmen – Eine Hamburger Popkulturgeschichte“) aus "Müssen alle mit 2"(CD) Booklet
Einen der schönsten und vor allem wahrsten Sätzen der Filmgeschichte spricht der Schauspieler Frank Giering in „Absoluten Giganten“: „Es müsste immer Musik da sein, bei allem was du machst. Und wenn es mal so richtig scheiße ist, dann ist wenigstens die Musik da.“ Diese eine Liebe, die mich begleitet, seit ich denken kann. Musik. Die immer da ist. Mit mir, für mich. Sie stellt keine Fragen, die tut, was ich will: lacht mit mir, flieht und weint mit mir, fängt mich auf und spendet Trost. Wie sagt das kleine Mädchen am Ende? Gitarre, Schlagzeug, Bass, Gesang. Sie hat bereits verstanden, worum es geht. Um die unendliche Möglichkeiten. Um die Liebe.
Es gibt wenige Dinge auf der Welt, von denen so viel Kraft ausgeht wie von Musik. Rein emotional gesehen sowieso. Ich habe Konzerte gesehen, auf denen ich mir das Herz so weit aufging, dass ich glaubte, es zerreißt mir den Oberkörper. Ich habe Party gefeiert, auf denen ich stundenlang dastand, die Arme in die Luft und den Text hemmungslos hinterher gebrüllt. Ich bin auf Tische und Tresen gestiegen, wofür ich mich hinterher ein klein wenig geschämt habe. Aber es ging nicht anders. Ihr kennt das. Und das Beste daran: Ich weiß nicht, wie das geht, Gitarre, Schlagzeug, Bass, Gesang. Also handwerklich. Deshalb gebührt all den Musikerinnen und Musikern da draußen mein tiefster Dank. Für die schönsten Stunden, Erlebnisse und Augenblicke meines Lebens. Mit Euch allein oder mit Euch als Verstärker.
Meine nicht enden wollende Affäre mit der Musik begann schon früh. Meine Eltern haben die größte Eltern-Plattensammlung, die ich kenne. Daraus nahmen sie Mixtapes auf für lange Autofahrten. Ich saß auf der Rückbank und schmetterte jedes (auch nie zuvor gehörte) Stück mit – in einer Sprache, die noch erfunden werden muss. Erst Jahre später gestanden sie mir, dass ich sie damit fürchterlich genervt habe. Ja ich nerv auch heute noch mit meiner Leidenschaft. Tresenkräfte, DJs und Freunde. „Mach doch mal… hast du nicht… das ist ja nicht auszuhalten!“ Falsche Musik im richtigen Moment ist wie geküsst werden von seinem ärgsten Feind.
Natürlich bin ich nicht nur ignorant, sondern auch unsichtig. Ständig sehe ich mich extremen Gefühlsschwankungen ausgesetzt, wenn die Umgebung, in der ich mich aufhalte, von schlechter Musik beschallt wird. Wobei schlechte Musik grundsätzlich und immer die ist, die ich gerade nicht hören will. Klar. Reisevorbereitungen werden zur Qual, wenn ich mich entscheiden muss, welche 50 CDs ich mitnehmen soll. Niemals verlasse ich das Haus auch nur für kürzeste Wege, ohne eine kleine Sammlung in meiner Tasche. Die müssen alle mit. Zur Arbeit, zu Freunden, auf die Party, in die Kneipe. Die guten Menschen von tape records kennen das. Mit Sicherheit. Wissen um all diese Gelegenheiten und die widrigen Umstände. Hier ist sie, die richtige Musik. Viel davon. Für die vielen guten Momente, die die Zeit für uns bereithält.
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